Eizellspende – Aufhebung des Verbots?
Zwei Länder verbieten die Eizellspende in der EU: Deutschland und Luxemburg. In Deutschland wird gerade wieder nachgedacht über eine Aufhebung des Verbots. Wie oft bei schwierigen Themen kann man gleich zu Anfang feststellen: es wird nicht die eine, gute und alles umgreifende Lösung geben. Aber die Debatte ist wichtig, und am Ende muss eine für alle akzeptable und rechtssichere Lösung stehen. Was also spricht für, was gegen das Verbot? Eizellspende – Aufhebung des Verbots?
Eizellspende und Embryonenschutzgesetz
Das Embryonenschutzgesetz in Deutschland exisitiert seit 1990 und gilt seit Jahren als nicht mehr zeitgemäß. Es regelt grundsätzlich, wie mit Embryonen umgegangen werden muss. So ist beispielsweise Embryonenselektion verboten: nach einer Befruchtung im Reagenzglas entstandene Embryonen dürfen nicht vor der Einpflanzung in die Gebärmutter ausgewählt werden. Dadurch kommt es in Deutschland allerdings zu einer höheren Rate von Mehrlingsschwangerschaften (Zwillinge und mehr). Solche Mehrlingsschwangerschaften gehören aber generell zu den Risikoschwangerschaften.
Darüber hinaus regelt das Embryonenschutzgesetz ganz allgemein die künstliche Befruchtung und deren Rahmenbedingungen: z.B. ist Durchführung nur durch speziell ausgebildete Ärzte gestattet. Nach der Definition war das Ziel künstlicher Befruchtung: eine Schwangerschaft bei der Frau zu erzeugen, von der die Eizelle stammt. Dieser Fall ist mit der Möglichkeit der Eizellspende nun nicht mehr gegeben. Daher: Eizellspende – Aufhebung des Verbots?
Alte Theorie, neue Realität
Inzwischen fahren mehrere Tausend Paare Jährlich für eine Eizellspende ins Ausland. In all diesen Fällen muss angemerkt werden, dass außer dem Fehlen von Qualitätsstandards und ungelösten Kostenproblemen die Spenden in den anderen Ländern in der Regel anonym sind; außer weiteren damit verbundenen Problemen könnte also das Kind niemals die Spenderin, seine genetische Mutter, ausfindig machen. Wie ist das vereinbar mit dem in Deutschland geltenden Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung? Gar nicht. Eins der Hauptargumente für eine Aufhebung des Verbots in Deutschland ist daher, dass alles besser kontrollierbar wäre, wenn man nach einer Legalisierung die entsprechenden Rahmenbedingungen in Deutschland festlegen und den gesamten Ablauf besser kontrollieren könnte.
Aber es gibt durchaus noch mehr Punkte “Pro”.
Pro: Eizellspende – Aufhebung des Verbots
- Das Gerechtigkeitsproblem: es erscheint nicht nachvollziehbar, dass Samenspende erlaubt und Eizellspende verboten ist.
- Dieser Punkt tangiert auch die Diskriminierung von Frauen ebenso wie Fragen der Autonomie der Person: letztlich handelt es sich um einen Eingriff in die reproduktive Selbstbestimmung.
- Die Langzeitfolgen für die Kinder sind inzwischen gut untersucht: die Kinder verzeichnen normale körperliche und seelische Entwicklung, so dass ein Verbot nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Tatsächlich war zunächst die “gespaltene Mutterschaft” als Hauptproblem angenommen worden: eine genetische Mutter und eine austragende und aufziehende Mutter. Die Frau, die die Eizelle spendet, ist die genetische Mutter; die Frau, die das Kind ausgetragen und geboren hat, ist zwar die biologische, aber nicht die genetische Mutter, Es besteht keine Blutsverwandtschaft zum Kind (genetische – biologische – und soziale Mutterschaft).
Weiterhin stehen aber auch Punkte dagegen.
Contra: Eizellspende – Aufhebung des Verbots
- Gesundheit der Spenderinnen. Zwar konnte das Risiko für Spenderinnen durch verbesserte Technik in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden, aber es gibt immer noch eine mangelnde Datenlage die Gesundheit der Spenderin betreffend. Im Gegensatz zur Samenspende findet Eizellspende ja durch einen invasiven Eigriff mit allen theoretischen Risiken eines solchen statt, von dem vorausgehenden körperlichen Eingriff der hormonellen Stimulation bei den an sich gesunden und meist jungen Spenderinnen ganz abgesehen. Dieser Gesichtspunkt tangiert auch die Problematik der Ausnutzung junger Frauen zum Verkauf ihrer Eizellen.
- Mangelnde Datenlage gibt es auch zu den Langzeitfolgen für die Gesundheit der Empfängerinen: statistisch wurden mehr Risikoschwangerschaften, erhöhte Präeklampsie- und Frühgeburtenrate verzeichnet, um einige Punkte zu nennen.
- Das allgemeine Problem des rein fremdnützigen Eingriffs: ist ein invasiver Eingriff bei der Spenderin ausschließlich zum Nutzen der Empfängerin medizinisch und rechtlich zu rechtfertigen? Hier kann allerdings argumentiert werden, dass ausser beispielsweise der Knochenmarkspende und Lebendorganspende auch alle rein wissenschaftlichen Forschungen am Menschen fremdnützig sind.
Kinderlos Leidende sind Patienten!
Patient heisst: Leidender. Niemand entscheidet sich leichtfertig zu einem solchen Schritt wie der Eizellspende. Wer ihn tut, hat meist monatelange Versuche mit verschiedensten Methoden hinter sich und eine physisch und psychisch sehr belastende Zeit. Ein persönlicher Lebensentwurf stellt sich bei jedem anders dar. Andere können niemals solche Entscheidungen für die Person treffen. Eine “objektive” Einschätzung ist für Außenstehende schlichtweg unmöglich. Bei jedem medizinischen Eingriff treffen die Patienten die Entscheidung selbst. Es ist ärztliche Aufgabe, Leidenden zu helfen.
Fazit:
Was jeder tut, wird weiter seiner eigenen Entscheidung überlassen sein. Aber es spricht viel dafür, auch eine gesellschaftliche und politische Lösung zu finden, die dem Fortschritt der Medizin ebenso entspricht wie der gesellschaftlichen Realität, und die gleichzeitig gute Bedingungen für sowohl Spenderinnen wie Empfängerinnen bereitstellt. Das wäre erreichbar durch sehr ausdifferenzierte Rahmenbedingungen. Eine Aufhebung des Verbots bei gleichzeitigen differenzierten Rahmenbedingungen würde der Eizelllspende die jetzt noch vorhande Stigmatisierung nehmen und die Spenderinnen und Empfängerinnen bestmöglich schützen.
Es ist nicht Aufgabe von Staat und Gesellschaft, einzelnen Menschen ihren Lebensentwurf vorzuschreiben, sondern ihnen dabei zu helfen, sich in einem rechtlich geschützten Rahmen zu bewegen, der auch zu ihrer Sicherheit dient und wo auch Kriterien angewendet werden können, die eine Aushandlung der Kostenfragen mit dem hier geltenden Sozialen Sicherungssystem möglich machen,.
Danke für Bild an geralt (Gerd Altmann auf www.pixabay.com)
Literaturtipps.
Christiane Nüsslein-Volhard: Von Genen und Embryonen
Norbert Hoerster: Ethik des Embryonenschutzes
Antje Schrupp: Reproduktive Freiheit
Anne Röthel, Bettina Heidehof: Regelungsaufgabe Mutterschaft
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